Sonntag, 28. Dezember 2014

Esoteriker, Querfrontler und Montagsdemonstranten

Oder auch: Wie die Putinversteher entstanden

Der Ukrainekonflikt spaltet nicht nur Europa und die Ukraine, sondern auch die deutsche Bevölkerung. Wer ist schuld am Blutvergießen? Wenn kann man trauen? Wer ist gut und wer ist böse? Auf diese drei Fragen antworten zwei Lager genau unterschiedlich: Erstens die "Aluhutfraktion" mit ihrem Hassgesang aus "Die USA ist schuld und die deutsche Regierung und alle Mainstream-Medien sind ihre Marionetten und die Russen verteidigen sich doch nur und bekämpfen die bösen, bösen, bösen Faschisten in der Ukraine!" und zweitens der deutsche Durchschnittsbürger mit "Also Putin ist ein ganz, ganz böser Diktator und die USA waren und sind immer noch unsere Freunde und wenn die Medien das so sagen wirds wohl stimmen." Die zweite Fraktion gibt es in Deutschland, seit es die BRD gibt, aber die erste Fraktion, die ist neu. Woher kommt sie und wer gehört ihr an?

Wenn man die erste Fraktion unter einem Namen zusammenfassen möchte, dann bietet sich wohl der eigentlich abwertende Begriff "Putinversteher" an, denn es sagt so gut wie alles über diese Menschen aus. In ihnen finden wir ausschließlich Menschen mit anti-amerikanischer und pro-russischer Einstellung und in den extremsten Fällen auch die Einstellung, dass die Bundesrepublik nur eine Marionette der USA bzw. Israel bzw. beiden ist um ihren Weltherrschaftsplänen zu dienen. Es wäre zu einfach zu sagen, dass diese Menschen durchgehend Rechte sind, denn sie sind alles nur nicht das was wir als gemäßigte Mitte bezeichnen. Hier finden sich alternative Rechte, linke und rechte Esoteriker, Querfrontler und sektarische Linke und mischen ihre wirren Gedanken einmal richtig durcheinander. Der Antisemitismus von rechter Seite plus dem Pro-Russland-Gedanken von linker Seite (wegen den alten Sowjettagen) und der gemeinsame Hass auf die Amerikaner gewürzt mit den weltverklärenden Ideen der Esoteriker ergibt eine neue politische Bewegung, die von der etablierten Politik nur schwer verstanden wird.

Ich persönlich finde diesen Trend höchst beunruhigend und schaue dabei vor allen dingen auf die wachsende Zahl der Montagsdemonstranten, die sich nun auch schon in die etablierte Friedensbewegung eingeklingt haben und sie als Plattform zur Verbreitung ihrer Ideen nutzen. Auch das plötzliche Erscheinen der PEGIDA kann man dieser Bewegung zuschreiben, da viele PEGIDA-Anhänger der ersten Stunde zu den Putinverstehern gehörten und nun ihre Ideen auch dort mit verbeiten können. So wurde aus einer Anti-Islam-Bewegung plötzlich eine Bewegung gegen den Staat und auf Google+ wird oft schon so geredet, als ob sich die PEGIDA im offenen Krieg mit dem Staat und den Linken befindet.

Das einzige gute, was ich dieser politischen Entwicklung abgewinnen kann ist, dass sie die eingeschlafenen, etablierten Parteien wieder aufgeweckt hat und die verschwommen Grenzen zwischen den Parteien nun wieder aufbrechen. Der Weg wird frei gemacht für Parteienkämpfe alla Weimarer Republik wo man schon mal eine Koalition auflöst, weil man sich nicht darüber einigen konnte ob der Berufsunfallversicherungsbeitrag der Arbeitgeber um 0,5% angehoben werden sollte oder nicht. Wenn unsere Parteien nun auch wieder so mit idealistischen Eifer auf ihren Werten pochen und beruhen würden, hätten wir wieder eine interessante Parteinlandschaft und wahrscheinlich auch eine höhere Wahlbeteiligung und im besten Fall rutschen die Putinversteher wieder in die Vergessenheit ab.

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